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Bei einem echten Verkehrsunfall ist die Rechtslage klar: Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers muss für den entstandenen Schaden aufkommen. Doch Versicherer prüfen zunehmend kritisch – insbesondere dann, wenn sie einen manipulierten oder abgesprochenen Unfall vermuten. Aber wie hoch sind die Hürden für einen solchen Vorwurf? Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Lübeck zeigt deutlich: Der bloße Verdacht reicht nicht aus. Die Versicherung bleibt in der Beweispflicht.
Ein junger Mann feierte eine Party im Haus seiner Eltern. Gegen zwei Uhr nachts wollte ein Gast die Feier verlassen. Beim Rückwärtsfahren stieß er mit seinem Fahrzeug gegen den Audi des Vaters, der vor dem Haus geparkt war.
Der Vater meldete den Schaden ordnungsgemäß bei der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers und verlangte Ersatz. Doch die Versicherung verweigerte die Zahlung, weil der Unfall ihrer Auffassung nach absichtlich herbeigeführt worden war. Der Fahrer habe sich mit dem Gastgeber abgesprochen, um die Versicherungssumme zu kassieren.
Das Landgericht Lübeck folgte dieser Argumentation in seinem Urteil vom 26.09.2024 (Az.: 3 O 193/22) jedoch nicht. Nach umfassender Beweisaufnahme kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Schaden durch ein unfreiwilliges Ereignis entstanden war – also durch einen echten Verkehrsunfall.
Der Unfallverursacher habe den Hergang nachvollziehbar, detailreich und widerspruchsfrei geschildert, so das Gericht. Außerdem stellten die von der Versicherung vorgebrachten Umstände keine belastbaren Indizien für eine Manipulation dar. Auch kleinere Unstimmigkeiten in der Darstellung reichten nicht aus, um auf eine Absprache zu schließen.
Ein weiteres zentrales Argument der Versicherung war, der Fahrer habe engen Kontakt zum Sohn des Geschädigten gehabt. Doch auch dieser Vorwurf hielt der gerichtlichen Prüfung nicht stand.
Der Fahrer und seine Freundin – die er von der Party abholte – erklärten glaubhaft, dass sie den Gastgeber erst am Unfalltag kennengelernt hatten. Eine vorherige Beziehung oder Absprache konnte nicht festgestellt werden.
Ebenso wenig überzeugte der Einwand, der Fahrer habe das akustische Rückfahrwarnsignal seines Fahrzeugs absichtlich ignoriert. Er erklärte plausibel, dass er ein solches Signal nicht wahrgenommen habe.
Für Geschädigte und Versicherungsnehmer ist die rechtliche Einordnung besonders wichtig:
Der Geschädigte muss grundsätzlich beweisen, dass der Schädiger sein Fahrzeug beschädigt hat. Behauptet die Haftpflichtversicherung, der Unfall sei manipuliert oder abgesprochen gewesen, trägt sie die volle Beweislast dafür, dass der Geschädigte mit der Beschädigung einverstanden war. Diese Beweisführung ist in der Praxis schwierig. Anders kann es nur dann aussehen, wenn eine Häufung sogenannter Beweiszeichen vorliegt – etwa:
Im vorliegenden Fall lagen solche Indizien jedoch nicht in ausreichender Stärke vor.
Das Urteil des Landgerichts Lübeck stärkt die Position von Geschädigten deutlich. Versicherungen dürfen zwar prüfen und kritisch hinterfragen – eine Zahlungsverweigerung allein auf Basis von Vermutungen ist aber unzulässig.
Für Versicherungsnehmer gilt daher: Wer einen Unfall korrekt meldet und den Hergang plausibel darlegt, hat gute Chancen, seinen Anspruch auch gegen anfänglichen Widerstand durchzusetzen.